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Lisa Blum

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Leonard Baier

 

 

 

 

 

Rund drei Millionen Menschen in Deutschland konsumieren mehrmals wöchentlich Energydrinks – Tendenz steigend. Was 1960 als Energiekick für japanische Geschäftsmänner begann, wird heute vor allem von Jugendlichen getrunken, durch Extremsport beworben und wandert milliardenfach über die Clubtheke. Erst seit wenigen Jahren beschäftigt sich die Wissenschaft mit Red Bull, Monster, Rockstar & Co. Was hat sie herausgefunden? Eine Fotostrecke über das Wachbleiben.

 

Inhaltsstoffe

Energydrinks versprechen ihren Konsument:innen mehr körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. Die Hauptzutaten sind Wasser, Zucker und Koffein, zudem soll eine Kombination aus Aminosäuren wie Taurin, aus B-Vitaminen und Kräuterextrakten eine besondere Wirkung entfalten. Doch ob die Drinks einen energetisierenden Effekt haben, der über den reinen Koffein-Kick hinaus geht, ist noch nicht geklärt. Viele der Zusatzstoffe und ihre Wirkung auf den Körper wurden bis heute nicht eingehend erforscht. Zu Taurin existieren zwar wissenschaftliche Untersuchungen, doch die lieferten bislang keine einheitlichen Ergebnisse.

Auf der stofflichen Ebene unterscheidet Energydrinks also nicht viel von Cola, Tee oder Kaffee. Was sie auf dem Getränkemarkt herausstechen lässt, ist eine Kombination aus grell beworbenen Effekten, Markenbildung und Imagepflege. Nicht umsonst ist Red Bull kein einfacher Getränkehersteller, sondern vor allem auch: ein Marketingimperium. Fußballvereine, BMX-Rennen, Snowboard-Stars, die Breakdance-Weltmeisterschaft, ein Fallschirmsprung aus 40 Kilometern Höhe – all das wird durch die Firma aus Österreich finanziert. Allein 2021gab Red Bull 50 Millionen Euro laut Schätzungen für Werbung aus, das Unternehmen selbst macht dazu keine Angaben.

Energie, Wirkungsweise Koffein

Die am gründlichsten erforschte Zutat der Energydrinks ist Koffein. Es ähnelt dem körpereigenen Botenstoff Adenosin, der eine zentrale Rolle in unserer Schlaf-Wach-Regulation einnimmt. Adenosin hemmt die Ausschüttung von belebenden Neurotransmittern wie Dopamin oder Noradrenalin. Es signalisiert dem Körper: du hast viel Energie verbraucht, jetzt solltest du dich erholen. Koffein besetzt die Adenosinrezeptoren, ohne sie zu aktivieren. So wird die eigentliche Funktion des Botenstoffs außer Kraft gesetzt. Die Müdigkeitssignale erreichen den Körper nicht mehr.

Energydrinks enthalten meist synthetisch hergestelltes Koffein. Der Stoff ist zwar nicht unbedingt höher konzentriert als in einer Tasse Kaffee. Allerdings wird Kaffee normalerweise gemächlich genippt. Energydrinks hingegen sind stark gesüßt, meist gekühlt und werden rasch getrunken. Ihr Marketing ist auf eine jüngere Zielgruppe ausgerichtet. Das macht Energydrinks zu einem ernsten Gesundheitsrisiko, wie eine amerikanische Forscher:innengruppe um John Higgins von der University of Texas in einem Artikel für die Zeitschrift Current Sports Medicine Reports 2018 resümiert. Vor allem Kinder können aufgrund ihrer geringen Körpergröße und Koffeinempfindlichkeit leicht eine Überdosis Koffein zu sich nehmen, was unter anderem zu Schlaflosigkeit, Herz- und Kreislaufproblemen führen kann. Doch auch Erwachsene sollten den Grenzwert von 400 Milligramm Koffein pro Tag besser nicht überschreiten.

Alkohol

Im Jahr 2012 begab sich Amy Pennay von der Monash University in die Bars und Clubs von Melbourne – im Dienste der Wissenschaft: Sie untersuchte den Konsum von Mischgetränken aus Energydrinks und Schnaps. Ausgerüstet mit Klemmbrett und Smartphone erkundigte sich Pennay bei den Feiernden, warum sie die Kombination aus Koffein und Alkohol gewählt hatten. Alle Befragten erklärten, dass sie der schläfrig machenden Droge mit Red Bull, Monster & Co entgegenwirken wollten. Sie wollten den Zustand aufrechterhalten, in dem sie wach, aber berauscht; beschwipst, aber nicht völlig benebelt waren.

Inzwischen häufen sich die Belege dafür, dass ein solcher Mischkonsum gefährliche Folgen haben kann. Konsument:innen von Energydrinks mit Alkohol neigen eher zu risikoreichem Verhalten als nur-Alkohol-Trinker, sie fahren zum Beispiel häufiger betrunken Auto. Sie trinken auch tendenziell mehr: Die Süße der Energydrinks verdeckt den bitteren Alkoholgeschmack. Und die aufputschende Wirkung des Koffeins verleitet dazu, seine Trinkfestigkeit zu überschätzen.

Erschienen am 30. März 2023

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