
Als die Laguna de Aculeo verschwand
Wasser ist in Chile Privateigentum. Als ein See in Zentralchile 2018 erstmals austrocknet, fragen Anwohner:innen und Wissenschaft, welche Schuld der Mensch daran hat. Doch Forschende sind sich uneinig.
Das letzte Wasser der Laguna de Aculeo verschwand an einem Tag im Mai 2018.
Laguna de Aculeo, das ist ein See in Chile, sein Name stammt von den indigenen Mapuche. In ihrer Sprache heißt der See »wo die Flüsse enden«.
Pablo Garcia-Chevesich ist als kleiner Junge oft auf der Laguna de Aculeo Kayak gefahren oder Windsurfen gewesen. Damals trennten ihn sechs Meter Wassertiefe vom Boden.
Im Dezember 2017 nahm er ein Video auf, da war das Wasser des Sees an manchen Stellen schon im Boden versickert – als wollte es sich im Schlamm vor der Hitze verstecken. Zu Beginn des Videos zappelt ein Fisch auf dem matschigen Seeboden.
»Anfangs dachten alle, der See sei wegen der Dürre ausgetrocknet. Aber als Hydrologe habe ich sofort gesehen, was für die Austrocknung des Sees verantwortlich war«, sagt Garcia-Chevesich. »Es gab so viele Zeichen.«
Die Menschen in ihren Ferienhäusern mit Pool und strahlendem Rasen. Die vielen Brunnen in der Gegend. Die Kirschplantagen.
Für Garcia-Chevesich, heute unter anderem Professor für Hydrologie an der Colorado School of Mines in den USA und Teil des Internationalen Hydrologischen Programms der UNESCO, war die Sache schon damals so klar wie das Seewasser einst: Der Mensch ist schuld. Gegen Ende des Videos sagt er: »Nur weil ihr die Rechte dafür habt, das Wasser zu verbrauchen, habt ihr kein Recht, ein solches Desaster hervorzurufen.«
Doch es gibt auch Hydrolog:innen, die den Hauptgrund für den vertrockneten See nicht beim Menschen sehen.
Die Privatisierung des Wassers
Wenn in Chile ein See verschwindet, stellt sich die Frage nach der Schuld nachdrücklicher als in anderen Ländern. Denn Chile war bis 2022 weltweit das einzige Land, das sein Wasser fast komplett privatisiert hatte.
Im Jahr 1981, während Augusto Pinochet das Land als Diktator regierte, erließ er den Código de Aguas: ein Wassergesetzbuch, das die staatlichen Handlungsoptionen im Wassermanagement einschränkte und das Wasser quasi privatisierte. Auf Basis dieses Gesetzbuches vergab der Staat fortan Nutzungsrechte für Wasser – kostenlos, auf unbegrenzte Zeit und frei handelbar.
Auch heute noch können Chilen:innen diese Nutzungsrechte beantragen – bei der offiziellen Wasserbehörde DGA (Dirección General de Aguas). Antragsteller:innen müssen in einem Formular unter anderem beschreiben, wo sie das Wasser entnehmen, wie viele Liter sie pro Sekunde nutzen möchten und ob sie es der Umwelt zurückführen oder nicht. Diese Angaben sind verbindlich, wem das Nutzungsrecht erteilt wird, der muss sich daran halten.
Hatte der Staat ein solches Nutzungsrecht einmal genehmigt, so hatte er bis 2022 kaum Möglichkeiten, den Wasserverbrauch nachträglich zu regulieren; selbst dann, wenn es wenig regnete und Dürren das Land austrockneten. Die Menschen konnten weiterhin rechtmäßig Wasser aus Seen pumpen oder Flüsse umleiten. Artikel 56 des chilenischen Wassergesetzes erlaubt sogar, dass jeder Mensch auf seinem eigenen Boden ohne Genehmigung Brunnen bohren kann, wenn das Wasser daraus nur als Trinkwasser für einen selbst und für den Haushaltsgebrauch genutzt wird.
Als Pablo Garcia-Chevesich Ende 2016 aus den USA zurückkehrte, wo er fast zwei Jahrzehnte gearbeitet und gelebt hatte, machte ihn traurig, was er in seiner Heimat sah: Im Frühjahr 2017 war das Wasser des Aculeo-Sees nur noch 80 Zentimeter tief. »Die Vögel kamen nicht mehr, die Fische starben. Lokale Landwirt:innen konnten ihre Tiere nicht mehr versorgen, weil kein Wasser mehr aus den Pumpen kam. Viele mussten in die Stadt ziehen«, sagt Garcia-Chevesich im Videoanruf.
Bliebe das Wasser des einst zwölf Quadratkilometer großen Sees dauerhaft verschwunden, hätte das fatale Konsequenzen. Der See, die Wälder mit ihren Akazienbäumen und dem Vogelgezwitscher und das kulturelle Erbe in der Region locken Jahr für Jahr Besucher:innen an. Viele kommen aus Santiago de Chile, der Hauptstadt des Landes, die nur rund eineinhalb Stunden mit dem Auto entfernt liegt. Die Menschen hier brauchen den Tourismus, er bringt Jobs und Geld. Und auch der Alltag der Einheimischen ist ein anderer, wenn das Wasser einmal verschwunden ist: »Zeitweise musste Wasser in Tanks gebracht werden, damit die Menschen genug zum Leben hatten«, erinnert sich Pablo Garcia-Chevesich.
Kurz nachdem er aus den USA in seine Heimat zurückkehrte, beantragte er Fördergelder, um als Hydrologe an der Universidad de Chile die Gründe für den Rückgang des Aculeo-Sees zu erforschen. Seine These: Es wurden viel zu viele Wasserrechte verteilt – und der See dadurch zu sehr belastet. Vor allem Zugezogene würden das Wassersystem mit ihren neu gebauten Pools, den immergrünen Rasen und den neu entstandenen Obstbaumplantagen belasten. Pablo Garcia-Chevesich wollte, dass der Staat Verantwortung für die Situation übernimmt.
Er sagt: »Ich bin der Hydrologe, der Aculeo am besten kennt. Ich bin dort aufgewachsen.«
Doch die Situation ist komplex.
Die Megadürre
Auch Pilar Barría ist Hydrologin. Sie lebt in Santiago de Chile, der Hauptstadt des Landes, wo sie an der Universidad de Chile arbeitet. Wie viele andere hat Barría den See, die »Oase«, als Touristin besucht, als er noch Wasser in sich trug. Später kam sie als Wissenschaftlerin zurück, als tote Tiere und Müll auf dem rissigen Seeboden vergammelten. Sie und ihr Team sind der Meinung: Vor allem die Dürre, die Chile seit 2010 kaum noch atmen lässt, hat dem Aculeo-See sein Wasser genommen. MD wird sie in wissenschaftlichen Publikationen meist abgekürzt: Megadrought oder eben Megadürre.
Für ihre Studie, die 2021 erschien, haben sich Barría und ihr Team mehrere Aspekte angeschaut: die Landnutzung und den Wasserverbrauch in der Aculeo-Region, die erteilten Wasserrechte und den Einfluss des Klimas.
Zuerst haben die Forschenden Satellitenbilder aus den Jahren 2006, 2012 und 2018 analysiert, um die Landnutzung in der Region zu bestimmen. So konnten sie einen Anstieg an Ferienhäusern und Plantagen ausmachen: 2018 gab es demnach weitaus mehr Flächen mit Häusern und Obstbäumen als in den Jahren zuvor. Mit den Informationen über die Landnutzung fütterten die Forschenden schließlich ein Wassermanagementmodell, mit dem sie den Wasserverbrauch in der Region abschätzen können. Dem Ergebnis nach zog die veränderte Landnutzung allerdings keinen so hohen Wasserverbrauch nach sich, als dass sie die Austrocknung des Sees allein hätte erklären können.
»Es gab damals viele Beschwerden in der lokalen Bevölkerung«, sagt Pilar Barría im Videoanruf. »Die Menschen glaubten, dass andere Anwohnende illegal Wasser aus den Flüssen oder dem See entnommen hatten. Ohne, dass sie ein Wasserrecht dafür gehabt hätten.«
Also überprüften die Forschenden die erteilten Wasserrechte in der Region. Sie fanden heraus, dass viele Menschen, die der illegalen Wassernutzung beschuldigt wurden, Wasserrechte hatten. Sie stammten aus den Sechziger- und Siebzigerjahren, waren aber noch immer gültig. Diese Rechte waren von einer anderen Behörde als der offiziellen Wasserbehörde DGA erteilt worden – in anderen Messeinheiten und ohne Regeln zur Wasserentnahme.
»Tatsächlich sind für das Einzugsgebiet des Aculeo-Sees mehr Wasserrechte erteilt, als der See jemals Wasser geben könnte«, sagt Barría. »Doch nicht alle Menschen nutzen ihre Wasserrechte. Das macht es schwierig, die Situation zu beurteilen.«
Zuletzt untersuchten die Forschenden den Einfluss der Megadürre: In der Zeit von 2010 bis 2018 fiel ihrer Analyse nach durchschnittlich 38 Prozent weniger Niederschlag als von 1960 bis 2009. Dazu gab es Temperaturrekorde, die für mehr Verdunstung aus dem See und den Flüssen sorgten.
All die verschiedenen Faktoren und Daten packte Pilar Barría erneut in das Wassermanagementmodell. Denn mit dem Modell kann sie auch verschiedene Szenarien durchspielen und berechnen, unter welchen Bedingungen der See mit welcher Wahrscheinlichkeit austrocknet. Eines der entworfenen Szenarien in der Studie ist das aktuelle: die Gegend mit Plantagen und Ferienhäusern. Es zeigt, wie der See unter der Megadürre austrocknet – und genauso ist es ja auch in der Realität gekommen. Es zeigt aber auch: Ohne die Megadürre hätte der See in diesem Szenario nur einen kleinen Teil seines Volumens verloren.
Ein zweites Szenario basiert auf der Landnutzung aus dem Jahr 2006, also ohne die vielen Plantagen und Ferienhäuser. Unter den Bedingungen der Megadürre wäre der See auch hier sehr wahrscheinlich ausgetrocknet. Ohne nicht.
Pilar Barría und ihr Team schließen daraus: Die Megadürre muss hauptverantwortlich für den Rückgang des Wassers gewesen sein. Durch die veränderte Landnutzung allein hätte der See nicht austrocknen können.
Als Pablo-Garcia Chevesich diese Studie sieht, ist er frustriert. »An dieser Studie haben hauptsächlich Klimatolog:innen mitgewirkt. Die schieben die Schuld immer auf das Klima«, sagt er. Er befürchtet, dass sich die Regierung mit dieser Studie aus der Verantwortung ziehen kann. 2022 veröffentlicht er mit anderen Wissenschaftlern ein Paper, das die Erkenntnisse von Pilar Barría und ihrem Team anzweifelt.
Das Jahr der Sünde
Fragt man Pablo Garcia-Chevesich danach, welche Punkte er in seinem Paper untersucht hat, dann sagt er: »Wir haben uns alles angeschaut.«
Alles, das heißt für ihn: die Landnutzung, das Klima der Aculeo-Region im Verlauf der Erdgeschichte, Niederschlagsdaten, Flusszuläufe, erteilte Wasserrechte, den Wasserverbrauch, das Grundwassersystem. Die Wissenschaftler befragten Einheimische, lasen Studien und Regierungsberichte, analysierten Satellitenbilder und gruben sich durch Daten von Wasserstationen.
So haben sie zum Beispiel den Zusammenhang zwischen Niederschlag und der Höhe des Seespiegels in den vergangenen Jahren untersucht. Den Daten zufolge scheinen die Niederschlagsraten in der Zeit von 1998/99 bis 2009/10 mit dem Volumen des Sees zu korrelieren. Im Paper stellt Garcia-Chevesich das anhand eines Graphen dar, der stetig nach oben wandert. In den Jahren 2009/10 bis 2016/17 kippt der Graph aber auf einmal in die andere Richtung: Es scheint kein Zusammenhang mehr zu bestehen. Für Pablo Garcia-Chevesich ist das ein Beweis von vielen dafür, dass das Klima eben nicht ausschlaggebend für die Austrocknung des Sees ist. Sondern: der Mensch, der dieses sensible System ins Ungleichgewicht gebracht hat.
»In Tausenden von Jahren ist der See nicht einmal ausgetrocknet, das zeigt die Paläoklimatologie«, sagt Garcia-Chevesich. »Dann kam 2010. Das Jahr der Sünde.«
Pablo Garcia-Chevesich erzählt, 2010 sei der Pintué-Fluss, der größte Zufluss des Aculeo-Sees, vor allem für landwirtschaftliche Zwecke komplett umgeleitet worden. »Die Flussumleitungen waren legal. Doch die Regierung hat die Umleitungen damals einfach genehmigt, ohne zu prüfen, welche Auswirkungen das haben wird.« Damit habe das »Desaster« begonnen: Die meisten der Zuflüsse des Sees seien heute komplett verschwunden. Weil das Wasser knapper wurde, konnten einheimische Farmer ihre Tiere nicht mehr versorgen, zogen weg und machten Platz für Ferienhäuser und Kirschplantagen.
»Früher wurde der See lediglich von der einheimischen Bevölkerung genutzt«, sagt Garcia-Chevesich. »Die Landwirtschaft damals bewässerte anders, weil andere Pflanzen angebaut wurden. Die Plantagen, die man jetzt hier findet, brauchen viel mehr Wasser.«
Eine Abwärtsspirale.
Doch ist die Situation wirklich so eindeutig? Pilar Barría und ihr Team haben Fotos aus den Sechziger- und Siebzigerjahren analysiert, vermessen und herausgefunden: Die Flussumleitungen gab es schon viel länger. Sie können demnach nicht ausschlaggebend sein dafür, dass der See im Jahr 2018 austrocknete. Ihrer Analyse nach hat die Megadürre auch den Flüssen und Bächen das Wasser genommen.
Wieso Studienergebnisse variieren
Es passiert häufig in dieser Geschichte, dass sich verschiedene Annahmen und Theorien gegenüberstehen. Dass man nicht weiß, wer Recht hat, weil sich die Vergangenheit nicht mit 100-prozentiger Sicherheit rekonstruieren lässt.
Der Geograf Fangfang Yao hat sich die Studien von Pablo Garcia-Chevesich und Pilar Barría angeschaut. Er hat schon an einigen Forschungsprojekten mitgewirkt, die das Verschwinden von Seen weltweit aufgezeigt haben. In einem aktuellen Paper weist er mithilfe von Satellitendaten nach, dass über die Hälfte aller großen Seen weltweit schrumpft. Zurzeit forscht er an der Brown University in den USA.
Yao sagt: »Wissenschaft ist nur so gut wie die Daten, die man nutzt.« Zu rekonstruieren, wieso ein See austrocknet, ist schwierig, weil Seen so komplexe Systeme sind und so viele Faktoren eine Rolle spielen können: das Wetter und die Verdunstung des Wassers, die Niederschläge, der Wasserverbrauch der Menschen, das Grundwassersystem, der Boden, die Flusszuläufe. Je mehr unterschiedliche Daten berücksichtigt werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Forschende zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
Auch die Studien von Pablo Garcia-Chevesich und Pilar Barría beruhen auf unterschiedlichen Daten und wissenschaftlichen Annahmen. Aber selbst wenn die Daten der beiden identisch gewesen wären, hätten sie vermutlich verschiedene Schlussfolgerungen aus ihrer Forschung gezogen. Eine internationale Studie aus der Biologie, an der mehr als 300 Forschende mitgearbeitet haben, hat genau das im Februar 2025 gezeigt: Dass unterschiedliche statistische Methoden und analytische Herangehensweisen zu vollkommen unterschiedlichen Ergebnissen führen können, selbst wenn der Datensatz derselbe ist.
Die Studie von Pablo Garcia-Chevesich ist eine Mischung aus Literaturanalyse, qualitativer Forschung und Korrelationsstudie. Das ist hilfreich, um Zusammenhänge und damit ein Gesamtsystem besser zu verstehen, aber aus diesen Informationen lässt sich keine Kausalität ableiten. Die Studie von Pilar Barría ist eine Attributionsstudie mithilfe von Modellen, wie sie in der Klimaforschung oft gemacht wird. Damit wird bestimmt, zu welchem Anteil ein bestimmter Faktor ursächlich für eine Entwicklung ist.
Unterschiedliche Methoden, unterschiedliche Ergebnisse.
Fangfang Yao sagt: »Beide Studien geben wertvolle Einblicke in die Wechselwirkung zwischen den untersuchten Faktoren. So versteht man die Laguna de Aculeo besser, auch wenn jede der Studien nur eine Annäherung an die Wahrheit sein kann.«
Denn genau so funktioniert Wissenschaft: als steter Prozess, der durch neue Daten und Erkenntnisse langsam voranschreitet, sich auch manchmal widerspricht. »Entscheidend ist, wie wir mit den Ergebnissen aus den Studien umgehen«, sagt Fangfang Yao. »Dass wir die Grenzen der Studien anerkennen, aber uns trotzdem fragen: Was können wir jetzt tun, um den See zu retten?«
Die Zukunft der Laguna de Aculeo
Im April 2022 hat der linksgerichtete chilenische Präsident Gabriel Boric das Wassergesetzbuch, den Código de Aguas, reformiert. In Artikel 5 steht jetzt:
»Der Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen ist ein grundlegendes und unveräußerliches Menschenrecht, das vom Staat garantiert werden muss. Im öffentlichen Interesse sind Wassernutzungsrechte festzulegen, deren Ausübung nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs beschränkt werden kann.«
Wasserrechte werden seit der Reform nur noch für 30 Jahre vergeben, außerdem hat die Wasserbehörde mehr Befugnisse, einzugreifen. Aber damit Chiles Wasserressourcen wieder umfassend vom Staat kontrolliert und gemanagt werden können, bräuchte es eine Verfassungsänderung. Denn die Nutzungsrechte für Wasser sind nicht nur im Código de Aguas, sondern auch in der chilenischen Verfassung von 1980 verbrieft. Über eine mögliche Änderung streitet das Land nun schon seit mehreren Jahren – ohne Ergebnis.
Pablo Garcia-Chevesich und Pilar Barría sind sich in diesem Punkt einig: Um das Wasser zu schützen, muss der Staat weiter gestärkt werden – auf rechtlicher Ebene, wie im Jahr 2022. Aber auch auf Verwaltungsebene, wenn es um die praktische Anwendung der Richtlinien geht.
»Es braucht ein Wassermanagement, das sowohl die Verfügbarkeit von Trinkwasser als auch den Umweltschutz sicherstellt«, sagt Pilar Barría. »Weil wir in Chile das Wasser privatisiert haben, ist in den Köpfen der Leute verankert: Ich habe das Recht, so und so viel Wasser zu verbrauchen. Sie machen sich keine Gedanken darum, wie viel wirklich zur Verfügung steht.«
Eines der Szenarien, die Pilar Barría in ihrer Arbeit untersucht hat, modelliert eine Welt ohne Menschen. Der See ist darin nur von Akazienwäldern und Büschen umgeben. In diesem Szenario hätte die Megadürre den See nicht komplett ausgetrocknet. Hätte der Mensch nicht existiert, wäre die Laguna de Aculeo also nie verschwunden. »Aber wir Menschen existieren nun mal«, sagt Pilar Barría. »Auch wir sind Teil des Ökosystems. Deshalb müssen wir uns anpassen.«
Der Geograf Fangfang Yao hat für seine Arbeit mithilfe eines Wasserverbrauchsmodells berechnet, welchen Anteil der Mensch am Verschwinden der großen Seen weltweit hat. Demnach ist der Mensch zu 55 Prozent verantwortlich – mit seinem Überkonsum (20 Prozent) und durch den menschengemachten Klimawandel (35 Prozent). Dürren wie die Megadürre werden durch den menschengemachten Klimawandel wahrscheinlicher, das zeigen Studien.
Dank zweier regenreicher Jahre trägt der See aktuell wieder Wasser.
Wie lange es bleibt, hängt auch vom Menschen ab.
Erschienen am 8. Mai 2025
Quellennachweise
- Valdés-Pineda, R.; García-Chevesich, P.; Valdés, J.B.; Pizarro-Tapia, R. The First Drying Lake in Chile: Causes and Recovery Options. Water 2020, 12: 290. https://doi.org/10.3390/w12010290
- Código de Aguas/ Wassergesetzbuch Chile: https://www.bcn.cl/leychile/navegar?idNorma=5605
- Boehmwald Porta, K. Das chilenische und das deutsche Wasserrecht im Vergleich. Beiträge zum Europa- und Völkerrecht, April 2018, Heft 16. https://opendata.uni-halle.de/bitstream/1981185920/70957/1/iwr_82_261.pdf.
- Valdés-Pineda, R.; Garcia-Chevesich, P.A.; Alaniz, A.J.; Venegas-Quiñones, H.L.; Valdés, J.B.; Pizarro, R. The Impact of a Lack of Government Strategies for Sustainable Water Management and Land Use Planning on the Hydrology of Water Bodies: Lessons Learned from the Disappearance of the Aculeo Lagoon in Central Chile. Sustainability 2022, 14: 413. https://doi.org/10.3390/su14010413
- Garreaud RD, Boisier JP, Rondanelli R, Montecinos A, Sepúlveda HH, Veloso-Aguila D. The Central Chile Mega Drought (2010–2018): A climate dynamics perspective. Int J Climatol. 2020; 40: 421–439. https://doi.org/10.1002/joc.6219
- Barría, P., Chadwick, C., Ocampo-Melgar, A. et al.Water management or megadrought: what caused the Chilean Aculeo Lake drying?. Reg Environ Change 2021, 21, 19. https://doi.org/10.1007/s10113-021-01750-w
- Villa-Martínez, R.; Villagrán, C.; Jenny, B. The last 7500 cal yr B.P. of westerly rainfall in Central Chile inferred from a high-resolution pollen record from Laguna Aculeo (34°S), Quaternary Research 2003, 60: 284-293. https://doi.org/10.1016/j.yqres.2003.07.007
- Fangfang Yao et al. Satellites reveal widespread decline in global lake water storage. Science 2023, 380: 743-749. https://www.science.org/doi/10.1126/science.abo2812
- Gould, E., Fraser, H.S., Parker, T.H. et al.Same data, different analysts: variation in effect sizes due to analytical decisions in ecology and evolutionary biology. BMC Biol 2025, 23, 35. https://doi.org/10.1186/s12915-024-02101-x
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