KI und Sprache

25.01.2024, Heidelberg | MAINS
Beginn: 19:00 Uhr

Thema

Künstliche Intelligenz hat die Welt auf den Kopf gestellt. Große Sprachmodelle wie ChatGPT, scheinen auf alle Fragen Antworten zu haben und erzeugen unterschiedlichste Texte in nur wenigen Augenblicken. Wo geht diese Entwicklung hin? Und wo liegen die Grenzen von Künstlicher Intelligenz?

Bei den Science Notes beleuchten wir, wie Künstliche Intelligenz Sprache erzeugt und fragen, was das für uns bedeutet. Vier Forscher:innen berichten von ihrer Arbeit; mit auf der Bühne ist die Schriftstellerin Kathrin Passig.

Das Duo Ströme begleitet den Abend musikalisch an ihren modularen Synthesizern.

 

Programm

Von der Schattenbibliothek ins Sprachmodell

Kathrin Passig

Google Translate, DeepL und sogar ChatGPT können literarische Texte übersetzen, weil ihre Sprachmodelle an Literatur trainiert worden sind. Aber wie lernt ein Sprachmodell literarische Gegenwartssprache, wenn die jüngsten Bücher, die man ohne Genehmigung dafür verwenden
darf, siebzig Jahre alt sind? Die Antwort sind Schattenbibliotheken.
Schattenbibliotheken sind riesig, sie spielen eine wichtige Rolle beim Training von Sprachmodellen, in der Wissenschaft und im Arbeitsalltag vieler Menschen – und sie sind komplett illegal. Wir werfen einen Blick in den Maschinenraum.

Foto: Norman Posselt

Kathrin Passig ist eine deutsche Schriftstellerin und Journalistin. Mit eigenen Kolumnen sowie Texten in Internetforen, wie beispielsweise »Wir höflichen Paparazzi« und »Techniktagebuch«, prägte sie die journalistische Avantgarde der 2000er und interessierte sich früh für Themen der Alltagstechnik, Technik und Schriftstellerei sowie den zunehmenden Einfluss von KI. 2006 erhielt Kathrin Passig den Ingeborg-Bachmann-Preis. Ihre Bücher und Texte werden weltweit gelesen.

Wie wird Faktenwissen in Sprachmodellen gespeichert?

Prof. Dr. Jan Stühmer | HITS

Der große Umfang der benötigten Daten und die Komplexität großer Sprachmodelle machen es oft nicht möglich, eine hinreichende Qualität der vom Modell generierten Antworten sicherzustellen. Besonders bei der Wiedergabe von Faktenwissen werden die Grenzen dieses Ansatzes deutlich: Die Modelle erfinden oft Fakten – und schlimmer noch – an der Antwort ist meist nicht erkennbar, ob es sich um erfundene oder um echte Fakten handelt: die Ausgabe des Sprachmodells klingt bei vorgegebenen Fakten genauso sicher wie bei wahren Aussagen. Im Vortrag wollen wir diese Zusammenhänge näher beleuchten, und die folgenden Fragen diskutieren: Wie wird Faktenwissen in Sprachmodellen gespeichert und wie kann es zu den sogenannten Halluzinationen kommen? Und: Welche aktuellen Forschungsansätze gibt es, um Faktenwissen in Sprachmodelle zu integrieren?

Jan Stühmer leitet seit September 2022 die Forschungsgruppe für Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz am Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS) und ist zugleich Juniorprofessor am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Nach der Promotion 2016 an der TU München war er Gastwissenschaftler am Massachusetts Institute of Technology (MIT), bevor er als Wissenschaftler bei Microsoft Research sowie am Samsung AI Centre Cambridge arbeitete.

Imitationsmaschinen: Schreiben mit KI

Dr. Markus Gottschling | Rhet AI

Menschen werden häufig dann kreativ, wenn sie es mit Einschränkungen und Regeln zu tun haben. Und Maschinen? Ob und wie künstlerische Künstliche Intelligenz entstehen kann, ist strittig – auch nach der Veröffentlichung von ChatGPT. Der Vortrag beleuchtet aktuelle Entwicklungen im Feld von künstlerischer künstlicher Intelligenz und ihre Anwendung in experimenteller Literatur. Dabei liegt der Fokus auf der Idee von kreativer Rekombination und Imitation, die sowohl in der Rhetorik als auch in der Literatur tief verwurzelt sind. Ausgestattet mit diesem Verständnis lässt sich betrachten, wie Menschen im Zusammenspiel mit Maschinen diese Konzepte anwenden und erweitern.

Markus Gottschling forscht und lehrt zu Literatur, Rhetorik und Wissenschaftskommunikation. Er ist Postdoc am Seminar für Allgemeine Rhetorik an der Universität Tübingen und wissenschaftlicher Koordinator des RHET AI Center (www.rhet.ai). Dort leitet er auch die Arbeitsgruppe „Communicative Competence“. Er wurde mit einer Arbeit zum „Verloren Gehen in den Polargebieten der Literatur“ promoviert und entwickelte das „Zertifikatsprogramm Wissenschaftskommunikation und mediale Kompetenz“ an der Universität Tübingen. Eines seiner aktuellen Forschungsinteressen ist das Zusammenspiel von Rhetorik und generativer KI, besonders hinsichtlich co-kreativen Schreibens. Zudem interessiert er sich für das Potential von Fiktionen in der Wissenschaftskommunikation.

Don’t believe the Criti-Hype: Über vermeintliche und tatsächliche Gefahren von KI

Ariana Dongus | TU Dresden

Der Vortrag hinterfragt kritisch aktuelle Ängste und Hypes um Künstliche Intelligenz. Ariana Dongus beleuchtet, wie durch alarmistische Szenarien und apokalyptisches Sprechen über KI dringliche Probleme wie Überwachung, Ausbeutung und Diskriminierung in den Debatten oftmals untergehen.

Ariana Dongus ist kritische Medienwissenschaftlerin und forscht zurzeit am Lehrstuhl für Digitale Kulturen an der Technischen Universität Dresden. Zu ihren jüngsten Veröffentlichungen gehören „Der Krypto-Scam mit den Iris-Scans“, „From First Sight to Audio Message“ sowie „My Mother was a Computer“ und „Invisible Subjects of AI: Ghost Work and Biometric Control in the Global South“.

Wissenschaftler:innen in der Wortfabrik

Jan Lause | Hertie Institute for AI in Brain Health

Sprach-KIs produzieren Text, der verblüffend menschlich klingt. Doch wie kommt die KI auf ihre „Ideen“? Selbst KI-Entwickler:innen können das nicht ohne Weiteres nachvollziehen und mussten erst Werkzeuge entwickeln, um ihre Schöpfung zu verstehen. In diesem Vortrag schauen wir ihnen dabei über die Schulter und fragen: Wie sind Sprach-KIs aufgebaut? Mit welchen Methoden versuchen Forschende, das KI-Innenleben zu entschlüsseln? Und was können Sprach-KIs eigentlich sonst noch für die Wissenschaft tun – außer Texte schreiben?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jan Lause promoviert in Tübingen an der Schnittstelle von Statistik, Hirnforschung und maschinellem Lernen. Sein Ziel: Hirnzellen mithilfe ihres genetischen Fingerabdrucks besser zu verstehen. Außerdem schreibt er als freier Wissenschaftsjournalist über KI und Nachhaltigkeit.

Musik

Ströme

Live an modularen Synthesizern

Foto: Patrick Gerstorfer

Ströme kombiniert Musik und Technik auf beeindruckende Weise. In ihrer Performance werden zwei analoge modulare Synthesizer ohne Computer oder Samples zum Zentrum ihrer kreativen Arbeit. Dadurch können die beiden Musiker ihre Songs neu interpretieren und mit Improvisationen und spontanen Kompositionen kombinieren. (Text: https://stroeme.com)

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